Bayerische Schmankerl 35

Peter Zollner

Ein sog. Königsbrief. Der Adressat eines Briefes war für Philatelisten lange Zeit ein eher untergeordneter Aspekt. Erst durch das Aufblühen eines neuen Zweiges der Philatelie, der sog. Social Philately, gewann auch diese Seite eines Briefes an Bedeutung.

Schon immer eine gewisse Ausnahme stellten freilich Briefe an Regierende dar, welche als Fürsten-, Königs- bzw. gar Kaiserbriefe bezeichnet wurden, handelte es sich dabei doch zweifellos um A-Promis, die auf breiter Basis Anerkennung, wenn nicht gar Verehrung genossen, was man nicht von jedem Beleg der heute betriebenen Sophy behaupten kann.

Schon immer bezweifelt werden konnte jedoch auch bei den Adelsbriefen, ob der jeweilige Brief und sein Inhalt oder auch nur letzterer tatsächlich bis in die Hände des Adressaten gelangt sind. Dies trifft auch auf den vorliegenden Ortsbrief München vom 25. September 1855 zu, der an König Maximilian II. Joseph adressiert ist. Der Zusatz "Zum königlichen Staatsministerium der Justitz" lässt vermuten, dass es sich bei dem Inhalt um ein Gerichtsverfahren handelte, bei dem sich der Absender Hoffnung auf einen positiven Einfluss durch Seine Majestät erhoffte. Aber ob der König tatsächlich mit der ganzen Angelegenheit in irgendeiner Weise persönlich befasst war, wir wissen es nicht. Den Namen "Königsbrief" darf der Brief dennoch tragen. Der Brief hatte im Übrigen das Glück, vom Absender mit einer Marke versehen worden zu sein, denn ab April 1850 waren Briefe an die Majestäten zu frankieren - andernfalls waren sie zu sammeln und zu verbrennen.